Ein Moment des StillstandsEnjoy the moment

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„Schaffst du es eigentlich noch den Moment zu genießen, wenn du ständig Fotos machst oder am Handy bist?“ „Wie bitte?“ Ich schaue kurz von meinem Handy auf, wo ich grade noch hochkonzentriert ein Foto durch vsco gejagt habe. Sie rollt die Augen und erst da bemerke ich, dass mein Eis fast geschmolzen ist, während ich versucht habe es ins rechte Licht zu rücken. Ich seufze. „Schon wieder…“   Genuss – das ist so ein Thema bei mir. An manchen Tagen fühle ich mich regelrecht unter Druck gesetzt Momente zu geniessen. Als würde man von mir erwarten glücklich zu sein und mir das Glück notfalls aufzwingen. Jetzt ist es nicht so, dass ich unglücklich bin, nur, dass ich scheinbar verlernt habe zu geniessen. Denn Genuss – das ist ein Moment des Stillstands. Ein Moment, in dem die Welt aufhört sich zu drehen. Ein Moment, der die Zeit anhält.   Aber solche Momente spielen sich nur ab, wenn man ihnen Zeit schenkt und Zeit sich zu entwickeln. Und genau da liegt das Problem: Zeit.   Wie sollen wir Zeit für die schönen, stillen Momente haben, wenn wir im Freizeitstress sind? Wenn wir möglichst viel in möglichst kurzer Zeit schaffen wollen, weil unser Leben ‘optimiert’ ist? Wir setzen uns selbst unter Druck, weil wir möglichst viel erleben wollen, aber vergessen den einzelnen Moment. Denn Momente sind in unserer Generation nicht mehr dafür da um genossen, sondern um geteilt zu werden und das wiederum ist ein Teufelskreis: Woanders sieht man geteilte schöne Momente und plötzlich fühlt sich das eigene Leben irgendwie langweilig an und man gerät unter Druck etwas zu erleben, das man selbst teilen kann. Aber wären wir nicht alle ein bisschen glücklicher, wenn wir Momente genießen würden, anstatt gleich die Kamera zu zücken? Wären wir nicht glücklicher, wenn wir den Moment einfach versuchen würden für immer im Gedächtnis, statt auf dem Handy zu behalten?   sonntagspost-genuss-2   Was solche Dinge angeht ist Blogger-sein ist manchmal Fluch und Segen zugleich. Zum einen fühle ich mich frei, erlebe wundervolle Sachen und habe die Möglichkeit Andere zu inspirieren. Auf der anderen Seite genieße ich diese Momente nicht – ich kann es einfach nicht. Es fühlt sich irgendwie falsch an. So, als dürfte ich den Moment nicht für mich alleine haben. Deswegen erlebe ich die schönen Momente meist immer nur in Gegenwart einer Kamera und konzentriere mich auf das Bild, statt auf den Moment. Schliesslich darf ich diese Momente überhaupt erleben um sie mit euch zu teilen. So habe ich mit der Zeit verlernt Momente zu geniessen.   Aber vielleicht ist es an der Zeit Genuss wieder neu zu lernen. Vielleicht sollten wir uns in Zukunft mehr Zeit nehmen für die schönen Dinge des Lebens. Vielleicht muss nicht immer alles sofort online gehen und live mitverfolgt werden. Vielleicht fängt das schon bei einem schönen Frühstück Zuhause an und muss nicht immer gleich das groß angelegte Dinner sein. Vielleicht sind die schönen Momente auch im Alltag versteckt und wir übersehen sie. Vielleicht sollten wir uns weniger unter Druck setzen und auch die einfachen Momente der Ruhe genießen, selbst wenn sie optisch nicht mit den Fotos auf Instagram mithalten können. Vielleicht sollten wir diesen Sommer damit starten. Vielleicht esse ich mein halbgeschmolzenes Eis erstmal auf und poste es später irgendwann.   ‘Are you ever actually able to enjoy the moment at all, always on the phone or taking pictures like that?’ ‘Excuse me?’ I look up from my phone, to which I had just focused all my attention to edit a pic with vsco. She rolls her eyes, and I can’t help but notice that my ice has almost melted while I tried to move it into the right light. I sigh. ‘Not again….’   Enjoyment – a bit of an issue for me. On some days I actually feel under pressure to enjoy the moment. Almost as if I’m expected to be happy, almost as if joy is forced onto me. It’s not like I’m unhappy, but it seems I lost the ability to enjoy. Indulging in something means to take a breather to appreciate it. It’s like the world stops in it’s track for a moment, and with it time.   But you can only experience such moments when you give them space to unfold. And that’s exactly the problem: time.   How are we supposed to have time for the beautiful, quiet moments, when even our leisure options stress us out? We want to get as much done as possible in as short a time we can manage. Our lives are ‘optimized’ through and through. We put ourselves under pressure and want to experience as much as we possibly can, but we lose our ability to take in and appreciate the individual moment. In our generation, a moment is nothing we can indulge, it is something to share with others on social media. It’s a vicious circle: we are bombarded with images of beautiful moments, and are constantly battling against the feeling that our own lives are boring. We live under constant pressure to rack up great experiences, only to have something to share. But wouldn’t we all be a little happier if we were able to enjoy the moment a bit more, instead of always automatically reaching for our cameras? Wouldn’t we be happier if we tried to preserve the moment in our memory and hearts instead of our phones?   sonntagspost-genuss-2   Being a blogger is sometimes as much a curse as it is a blessing. On the one hand I feel free. I am fortunate enough to constantly experience great moments and situations, and I am in a position where I can – hopefully – inspire others. On the other hand I don’t really enjoy these moments. I just can’t do it. Somehow it feels wrong. Almost as if I’m not allowed to keep my experiences to myself. And so I usually end up living my most beautiful moments through a camera, with focus on the image rather than the here and now. It’s a paradox situation, because it’s also true that I’m only experiencing all this so I can share it with you in the first place. Over time, it seems, I have lost my ability to live in and enjoy the present.   Maybe I have to learn it again, and maybe now’s the right time for it. Maybe I should take more time for the beautiful things in life. Maybe it’s not necessary to always be on the ball with everything, live and direct. Maybe it starts with the little things, like a chilled breakfast at home. It doesn’t always have to be a big gala dinner. Maybe the truly beautiful things are hidden in our daily routine, and we don’t notice them. Maybe we should not put so much pressure on ourselves, and be careful to preserve our ability to enjoy moments of peace and tranquility, even if they don’t make for great photos and Instagram posts. Maybe this is how we should start the summer. Maybe I’ll eat my half melted ice cream first. Enjoy it now, post it later.   sonntagspost-genuss-4

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21 Kommentare

  1. Ja die Zeit. Mir geht es so, dass ich bei den heutigen Möglichkeiten die sich einem bieten einfach am liebsten vieles gleichzeitig machen möchte. Einfach weil es so toll ist. Da man nicht alles gleichzeitig machen kann, ist es manchmal nicht einfach, sich zu fokussieren.

  2. Wie recht du nur hast… Ich finde mich selbst einfach so wieder in deinen Worten, muss schmunzeln, weil mir letztens fast die gleiche Situation selbst passiert ist…

    Meine Eltern z.B. verstehen den ganzen Hype um Fotos von jeglichen Situationen überhaupt nicht, meinen, ich müsse mehr den Moment genießen und musste daher beim Lesen deines Posts total an ihre Worte denken…

    Lg Lea
    Zuckerschlecken

  3. It’s certainly true that social media adds extra pressure on sharing (almost) all aspects of your life – especially when you’re a blogger.

    But I think we’ve started to drive ourselves more crazy than necessary. It’s time to take back control and relax.

    Sharing updates with your following because you feel pressured to do so will eventually mess with the quality of your brand.

    It’s totally ok to select moments to share, and moments to keep to yourself. If some of your followers don’t understand this, it’s their problem. You can’t feel burn-out and, in a way, sabotage your business (and life!) just because a handful of people expect you to share your life with them.

    Your loyal following will care more about you than the moments of your life, and wouldn’t want to see you stressed out.

  4. Als Hobbyfotografin geht es mir ähnlich. Wenn ich auf einem Konzert fotografiere, die Künstler auch selbst gern höre, bin ich in einem Rausch und kann die ersten3 Lieder nicht genießen, weil ich den inneren Druck habe die Fotos vernünftig zu liefern. Danach dürfen wir Fotografen meist das ganze Konzert mitsehen. Aber dieses genießen, direkt an der Bühne zu stehen kann ich in dem Moment nicht, ich wäre gern in dieser Zeit ein “Fangirl” kann es aber nicht weil der Job in dem Moment überwiegt, als dass ich mein Handy zücke und für mich ein Video meines Lieblingslied drehe.

    Vanessa <3

  5. Ich finde es faszinierend wie du es einfach immer wieder auf den Punkt bringst. Mir aus der Seele sprichst und es so toll aufschreibst. Diese Gedanken schießen mir auch so oft durch den Kopf. Man muss wirklich einmal ganz abschalten und den Moment genießen. Wenn man immer nur dabei ist, den tollen Moment direkt zu “posten” ist er schon wieder voller Stress verflogen..
    Brini
    BrinisFashionBook

  6. Eigentlich habe ich mein Handy ständig in der Hand, dennoch schaffe ich es nicht immer gute Bilder zu machen geade Outfit Bilder, ich vergesse es schlichtweg^^. Zuhause nervt es mich dann total, aber keine Ahnung warum das so ist? Und manchmal ist mein Handy voll mit Bilder, aber ich poste sie nicht. Muss man nicht verstehen :/ LG

    P.S. Lecker Eis ;-)

    http://featheranddress.com

  7. Alles muss dokumentiert werden- das nervt selbst mein Freund. Wir gehen ins schöne Cafe und das Essen muss fotografiert werden oder leckere Drink schnell auf Facebook oder instagram oder snapchat gepostet werden- es ist wahrhaftig ein Fluch. Ich sage immer – nur ein Moment! Und dann kann ich wieder mich voll und ganz auf mein Gegenüber konzentrieren ;)

    Liebe Grüße!
    http://www.redchillilounge.com

  8. Du hast vollkommen Recht! Wir sind so stark auf das virtuelle Leben fixiert, dass wir oft alles um uns herum vergessen und nicht wahr nehmen. Ich habe mittlerweile für mich selbst beschlossen nur noch Momente mit dem Handy festzunehmen, die ich zuerst genossen habe. Viele fokussieren sich so sehr auf ihr Handy weil sie nichts verpassen wollen – und dabei verpassen sie das Leben zu diesem Zeitpunkt. Ich bin mir sicher, dass man das nicht mit dir vergleichen kann, schließlich zählen deine Follower darauf, dass du den Moment mit ihnen Teilst. Aber ob du dich dadurch einschränken lassen solltest..?

    Liebe Grüße Karolka
    http://www.karolkamo.com

  9. Wirklich inspirierender Post.
    Viele Dinge kommen auch bei mir einfach zu kurz. Die kleinen Dinge zu genießen und zu schätzen vergisst man schnell in der Hektik des Alltags…

  10. Liebe masha.ich finds super, wie reflektiert du bist und denkst. Und ich kann mir vorstellen, dass Freunde / Familie es auch genueßen, wenn man sich einmal voll und ganz auf den Moment mit Ihnen konzentriert , anstatt den anscheinend perfekten Moment einzufangen. Aus eigener Erfahrung kann ich zum Beispiel sagen, dass die Paare, die sich im Netz perfekt inszenieren, meist die unglücklichsten sind bzw. waren ( das ist natürlich nur meine Erfahrung und trifft sicher nicht auf alle zu). außerdem ist ein geschmolzenes Eis nur halb so lecker

  11. Hallo,

    Wirklich ein sehr schöner Blogeintrag!
    Mir geht das ähnlich als Fotografin…
    Man muss überall die Kamera mitnehmen und irgendwelche Dinge fotografieren.
    Irgendwann habe ich “Nein” gesagt und jetzt genieße ich diese Momente für mich.

    Ich mag die Sonntagsposts :)

    Liebe Grüße

  12. Danke für den tollen Beitrag, du triffst da glaube ich einen wunden Punkt, auch bei mir. Die Philosophin Rebekka Reinhardt hat mal gesagt, unsere Generation lebt nicht mehr den Moment, sie nimmt ihn vorweg, manipuliert ihn, “designt” ihn nach ihren Vorstellungen oder denen der Gesellschaft. Ich ertappe mich auch oft dass ich mit einem Freund oder einer Freundin unterwegs bin und überlege, ob ich ich das Motiv jetzt fotografieren soll und das Gespräch unterbrechen, ich scanne unterbewusst meine Umgebung nach Dingen die “instagramable” sind, mache dann doch 5 statt das vorgenommene eine Foto, stelle mir dann die frage ob ich das einfach so posten kann ohne zu fragen (wenn die Person mit drauf ist), und ärger mich dass diese Gedanken so viel Energie und Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Böse gesagt ist es die frage, ob man etwas “vermarktet” oder nicht. Atmosphäre stören für ein paar Likes? Gespräch unterbrechen für das Bild, was andere von einem haben? Da ist es fast etwas wertvolles, einen Moment nicht zu teilen, zumindest nicht zu zer-teilen, sondern ihn einfach mit der Person gegenüber zu genießen, oder Fremden im Park, oder vlt sogar sich selbst. Nichts zu arrangieren, zu schieben, ungeschönt – aber echt. Liebe Grüße, Julia (Instagram: julia.katharina.m)

  13. Toller Post!
    Und auf dem letzten Foto siehst du richtig hübsch aus. Versteh mich nicht falsch, du siehst im Grunde genommen auf jedem Foto gut aus, aber auf diesem hier wirkst du richtig natürlich und mal nicht wie ein professionelles model. So schön :)

  14. Sehr schöner Beitrag! Ich kann mir vorstellen, dass gerade wie bei dir als “hauptberufliche Bloggerin” der Grad zwischen “Privat” und “Business” manchmal zu schmal ist um zu unterscheiden “das genieße ich nur für mich” und “das mag ich mit allen teilen”.
    Gönn dir einfach mal mehr Zeit für dich – ohne Kamera, ohne Handy: ich glaube nicht, dass dich deswegen irgendeiner deiner Leser verlassen wird ;-)
    LG (und genieß den Sonntag^^)