Sonntagspost: Über ehemalige Freunde und das Erwachsen-werden

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Ich muss lächeln. Ein Lächeln irgendwo zwischen Stolz und Wehmut. Mit der Zeit bin ich eine Meisterin geworden. Des Gehens. Des Loslassens. Dinge, die ich früher überhaupt nicht konnte. Dinge, die mir Angst gemacht haben. Aber je mehr man sich seinen Ängsten stellt (stellen muss), desto weniger Angst hat man. Angst vor Veränderung. Angst vor dem Neuanfang. Angst vor dem Verlust. Angst vor der Einsamkeit.   Ich bin neuerdings bei Linkedin angemeldet. Ich weiss nicht mal warum. Vermutlich weil ich jetzt irgendwie im Erwachsenenleben angekommen bin und erwachsene Menschen sowas haben. Business Kontakte und Lebensläufe, halt solche Dinge, die sie dann bei Linkedin ganz stolz vorweisen. „Und wen kennst du so?“ Vollkommen überbewertet.   So richtig was damit anfangen konnte ich nicht und verliess die Seite wieder. Am nächsten Tag kehrte ich wieder. Ich hatte eine großartige Idee. „Ich stalke jetzt mal ehemalige Klassenkameraden“ dachte ich mir und wollte euphorisch loslegen. Bei Linkedin werden sie sich ja wohl noch mit ihren echten Namen anmelden und nicht mit irgendwelchen Facebook-Fantasienamen unter denen man die eh niemals findet, oder? Es war eine perverse Neugier, die mich trieb: Was haben sie nach der Schule gemacht? Haben sie Karriere gemacht? Kinder bekommen? Geheiratet? Wie sehen sie jetzt aus? Wer sind sie heute?   Der Moment, an dem ich die Schule verliess, verliess ich auch eine ganze Stadt. Ich kehrte ihr den Rücken und kam wenn, dann immer nur sehr widerwillig zurück. Ich habe seitdem sehr oft Städten, und damit einem ganzen Leben, den Rücken gekehrt. Und auch Menschen. Habe mich einfach nicht mehr gemeldet. Das war noch nicht mal böse gemeint. Ich habe sie einfach im Stress, das so ein neues Leben mit sich bringt, vergessen und die Erinnerungen in unausgepackten Umzugskisten archiviert. Ich bin gegangen, habe alles zurückgelassen und neu angefangen. No big deal.   Doch manchmal gibt es da eben diese Momente, da denke ich an diese Menschen, die mal Teil meines Lebens waren. Freunde, Feinde, Liebhaber und Wegweiser. Ich frage mich was aus ihnen geworden ist und ob sie wohl glücklich sind. Ob sie in der Zukunft leben, die sie sich damals, als wir noch klein waren, gewünscht haben.   Ich gebe den Namen meiner damaligen besten Freundin Kristina ein. Dann den meines besten Freundes damals. Sebastian, Dominik, Silvia, Sophia, Vanessa, Waleria, Isabelle, Anita… und alle Namen, an die ich mich noch erinnern kann. Es sind nicht viele. Wie erstaunlich es ist, dass man die Namen der Menschen mit denen man Jahre und Erinnerungen teilt, einfach vergisst, während andere sich für immer einbrennen. Wie hiess noch mal die blöde Vitalia mit Nachnamen, die immer Lügen über mich verbreitet hat? Ich komme nicht drauf. Erstaunlich, wie gut ich mich teilweise an die Namen der Menschen erinnern kann mit denen ich schöne Erinnerungen verbinde – und wie schlecht an die, die mir Sorgen bereitet haben. Deren Namen, und auch deren Gesichter sind wie ein blasses Bild in meinem Kopf. Nicht wirklich da. Nicht wirklich echt.   Ich erkläre meine Suche ziemlich schnell für beendet, nach dem ich erfolglos geblieben bin. Ich habe Niemanden, den ich mal vor langer Zeit kannte auf Linkedin gefunden. Ist wohl auch besser so.

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15 Kommentare

  1. Ich finde es schrecklich, für mich scheint es, als würdest du nicht mal probieren die Freundschaften aufrecht zu erhalten.
    Gerade Menschen, die nicht zu seinem neuen Leben passen sollte man um sich haben da sie einem einen anderen Blickwinkel geben!

    Und für mich ist es ein schöner Gedanke, dass es Leute gibt, die mich schon ewig kennen – mit all meiner Vergangenheit.
    Hast du denn nicht auch jemanden, der dich fast so lange kennt wie deine Eltern ?

    1. Nein, dazu bin ich auch zu oft umgezogen, das haben die Lebensumstände einfach nicht erlaubt. Wenn man an einem Ort aufwächst kann man sowas vielleicht machen, aber das war ja bei mir nicht so.
      Ich habe eine Freundin, die kenne ich seit ich 6 bin, mit der habe ich mich vor einigen tagen getroffen, aber wir sehen uns alle paar Jahre mal – und das ist auch okay :)
      Aber wegen dem ersten Punkt: du hast recht. Ich versuche nicht mehr verzweifelt Freundschaften aufrecht zu erhalten “nur” weil man sich lange kennt. Manchmal verändert man sich, entwickelt sich, dann passt es einfach nicht mehr :(

  2. Gott sei Dank gebe ich nur das Allernötigste auf solchen Seiten an und schreib keinen Roman über mich…. Interessiert auch niemanden!

  3. Naja, als ich mit der Schule fertig war, habe ich der Stadt ( und dem Land) den Rücken gekehrt. Mit einigen Leuten aus meiner Schulzeit habe ich noch Kontakt durch Facebook, aber nur flüchtig. Im Grunde genommen haben sich die Freundschaften während des Studiums vertieft und werden wohl länger halten!

    Liebe Grüße!
    Schaut mal rein- ein brandneues Layout ist da! :)
    http://redchillilounge-spiceupyourlife.blogspot.com/

  4. Als ich damals Abi machte, dachte ich auch, dass es unserer Clique nicht so gehen würde. Wir würden ewig in Kontakt bleiben und uns regelmäßig schreiben etc etc… Kontakt halte ich inzwischen mit nur noch wenigen aus meiner alten Clique und irgendwie ist auch das gut so… Wenn wir uns doch mal treffen wird gelacht und alte Geschichten werden ausgekramt und es ist irgendwie schön ;) Aber auch in Ordnung sich dann wieder eine lange Zeit nicht zu sehen…

    Viele Grüße
    Fiona

  5. Der Post macht einen schon nachdenklich … ich werde diesen Sommer für immer mit der Schule fertig sein und frage mich schon eine ganze Weile, welche Kontakte sich danach wohl weiterhin halten werden. Einerseits ein trauriger Gedanke, andererseits bedeutet das für mich auch in irgendeiner Form Ballast abzuwerfen. Klingt hart, aber am Ende bleiben nur noch diejenigen, die auf ihre Art besonders sind und mich glücklich machen …

    Liebe Grüße!
    http://themultiplechoice.blogspot.com

  6. Hey Masha,
    Manchmal verdrängt man unbewusst Menschen aus seinem Leben, weil sie einfach zu einer nicht so schönen Vergangenheit gehören. Auch wenn sie einem etwas bedeutet haben. Aber ich denke, dass dies im Leben so normal, wie ein umgefallender Reissack in China, ist. Man verabschiedet sich von der Vergangenheit und auch wenn es manchmal hart zu sein scheint, kommt man, manchmal schneller manchmal langsamer, darüber hinweg.
    Natürlich kann man manchmal auch an seine Vergangenheit denken und an die Menschen, die einem etwas bedeutet haben. Aber wir sollten uns auf die Zukunft und Gegenwart konzentrieren. Bestimmt hast du daraus gelernt und wirst deine Freunde die du jetzt hast, nicht so einfach aus deinem leben streichen, wenn du mal umziehen solltest. Bestes Beispiel sit doch dafür Jana (?), mit der du dich immer noch, trotz der Entfernung gut verstehst.

    Liebe Grüße und einen schönen Sonntag:)

    http://shebelievesindestiny.blogspot.de/

  7. Oh Lebensläufe bestalken bei Xing ist so ein Spaß! Und es liegt wohl in der Natur des Menschen, dass es einen doch interessiert was andere “so aus sich gemacht haben”, auch wenn man mit den Personen nichts mehr zu tun hat.

  8. Oh, das kenne ich nur zu gut ;) Sowohl das Loslassen, als auch dieser Moment “Was ist eigenltich aus ihnen geworden?”
    Ich glaube, das wird in der Zukunft zwar nicht mehr gar so häufig vorkommen, aber nie ganz aufhören. Sie waren nunmal Teil deines Lebens, ohne sie wärst du wohl nicht der Mensch, der du heute bist.
    Und außerdem ist da noch die Frage: Was ist mit meinem alten Leben? Und wäre es vielleicht immernoch mein Leben, wenn ich nicht losgelassen hätte?

  9. Schöner Post! Doch trotzdem, wie schafft man “los lassen”? Ich habe früh aaufgehört Menschen zu vertrauen & nur 3 wirklich nah in meinem Leben gelassen. Der erste ging letztes Jahr,der Zweite dieses Jahr im Februar & der letzte gestern. Warum? Exfreund, Freund wo die Freundin eifersüchtig ist (kontakt verbot) & der letzte weil jemand anderem ihm riet mich los zu lassen. Ich fühle mich mies,weil ich gerade niemanden mehr habe,weder zum reden noch zum schreiben & zudem im Prüfungsstress liege. Tipps für mich? Schon komisch das ausgerechnet heute solch ein Post kommt, der mich nah trifft. ^^

    1. Wollte ich auch grade schreiben^^ Wenn du wirklich stalken willst, dann melde dich bei Xing an. Auch für Businesskontakte ist die Seite einfach besser.

      LG :-)