Alle fürs Klima

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Fridays for Future Demonstration am 20.09.2019 | Klimawandel | Streik | Plakate | Berlin | Klimaschutzpaket | Pariser Klimaabkommen | Politik

Es ist das Datum, das eines Tages hoffentlich in den Geschichtsbüchern stehen wird: Die Fridays For Future Bewegung hat ihren bisherigen Höhepunkt erreicht. Es ist der Tag, an dem über eine Million Menschen allein in Deutschland auf die Strasse gingen und gemeinsam für mehr Klimaschutz demonstrierten. Alle fürs Klima eben. Damit ist es eine der größten Demonstrationen, die wir in der deutschen Geschichte jemals hatten. Ja, zweifelsohne wird dieser Tag in die Geschichtsbücher eingehen.
Doch ob es auch ein erfolgreicher Tag war?

Ich will ehrlich sein: Mittendrin, statt nur dabei zu sein, war für mich eine emotionale Achterbahnfahrt. So sehr ich mich darüber freue und so viel Hoffnung es mir auch gibt, zu sehen, was für eine kluge und reflektierte Generation da gerade heranwächst, so sehr schmerzt mich die Hilflosigkeit und Verzweiflung in ihren jungen Augen. Diese jungen Menschen; sie sind viele und sie sind laut – und sie werden dennoch nicht gehört. Was muss noch passieren, damit die Politik endlich mal zuhört? Müssen auch noch die restlichen 80 Millionen Menschen auf die Strasse, bis die wenigen Einzelnen, die wirklich die Macht hätten, grundsätzlich etwas zu ändern, ihnen zuhören?
Mich macht das wütend.

Fridays for Future Demonstration am 20.09.2019 | Klimawandel | Streik | Plakate | Berlin | Klimaschutzpaket | Pariser Klimaabkommen | Politik
Fridays for Future Demonstration am 20.09.2019 | Klimawandel | Streik | Plakate | Berlin | Klimaschutzpaket | Pariser Klimaabkommen | Politik
Fridays for Future Demonstration am 20.09.2019 | Klimawandel | Streik | Plakate | Berlin | Klimaschutzpaket | Pariser Klimaabkommen | Politik
Fridays for Future Demonstration am 20.09.2019 | Klimawandel | Streik | Plakate | Berlin | Klimaschutzpaket | Pariser Klimaabkommen | Politik

Es ist das Datum, an dem ein Klimaschutzpaket verabschiedet werden sollte, das den Zielen des Pariser Klimaabkommens zumindest nahe kommt, doch selbst bei so vielen Menschen auf den Strassen scheint die Dringlichkeit des Klimaschutzes in der Politik, genauer: GroKo, noch nicht so richtig angekommen zu sein, stattdessen: ein Desaster. Fossile Brennstoffe werden in Zukunft zwar bepreist, doch wer lange Strecken mit seinem PKW fährt, wird dennoch steuerlich entlastet. Was soll das bringen? Die Forderung nach einer Maßnahme den öffentlichen Nahverkehrs als Alternative zum Strassenverkehr auszubauen? Pustekuchen. Überhört. Stattdessen müssen Unternehmen durch den Handel mit Zertifikaten in Zukunft grade mal lächerliche 10 EUR pro Tonne (!) zahlen.

Wen soll das aufhalten?

Insbesondere, da dieses Verfahren eigentlich praxisuntauglich ist und nur unter Berücksichtigung von Prüfungsmechanismen funktioniert – jedenfalls theoretisch. Selbst Merkel sagte, dass man “recht niedrig anfange, um die Menschen mitzunehmen”. Das ist kein Klimaschutzpaket – das ist ein “Weiter so”. Deswegen ist es kaum wunderlich, dass es von allen Seiten Kritik hagelt. Im Vorfeld hieß es vom Klimakabinett: Klimaschutz müsste sozialverträglich sein. Doch was an diesem Entwurf ist noch sozial oder verträglich? Es ist durch und durch unsozial, denn zahlen muss nicht etwa die Wirtschaft oder die Reichen, sondern der Mittelstand und die Geringverdiener. Es beinhaltet lauter Alibimaßnahmen, die nicht nur das Pariser Abkommen gänzlich verfehlen, sondern aller Wahrscheinlichkeit nach selbst das unambitionierte 2030-Ziel. Mich macht das wütend.

Fridays for Future Demonstration am 20.09.2019 | Klimawandel | Streik | Plakate | Berlin | Klimaschutzpaket | Pariser Klimaabkommen | Politik

Mir kamen die Tränen, als ich diesen Anflug von Verzweiflung in diesen Kinderaugen sah. Es sind Kinder, die eigentlich sorglos draußen in der Natur spielen sollten, statt Plakate zu kleben. Es sind Kinder, die eigentlich Angst vor einer Prüfung, statt vor ihrer Zukunft haben sollten. Es sind Kinder, die eigentlich einfach Kind sein sollten, statt erwachsen sein zu müssen. Es sind Kinder, die eigentlich Fantasiegeschichten lesen sollten, statt düstere Umweltprognosen. Sie verstehen es selbst vermutlich noch nicht, aber diesen Kindern wurde die unbeschwerte Kindheit genommen. In diesen Moment muss ich an meine eigene Kindheit denken, in der ich noch nicht mit den großen Problemen dieser Welt konfrontiert war. Ich durfte Kind sein, doch diese Kinder sind kleine Erwachsene, die hilflos dabei zusehen, wie ihnen ihre Zukunft geraubt wird.
Mich macht das traurig.

Fridays for Future Demonstration am 20.09.2019 | Klimawandel | Streik | Plakate | Berlin | Klimaschutzpaket | Pariser Klimaabkommen | Politik
Fridays for Future Demonstration am 20.09.2019 | Klimawandel | Streik | Plakate | Berlin | Klimaschutzpaket | Pariser Klimaabkommen | Politik

Es reicht noch nicht. Ich muss bei mir anfangen. Ich überlege, wann ich den letzten Coffee to go hatte, und ich weiss es nicht mehr. Generell habe ich in diesem Jahr vieles an meinem Konsumverhalten geändert, auf das ich früher nicht groß geachtet habe. Ich versuche Plastik zu vermeiden, wo es geht, fahre fast nur mit den Öffentlichen oder dem Fahrrad, verzichte auf Fleisch und auf viele Aufträge, bei denen es nur darum geht für einen Tag irgendwohin zu jetten. Man kann also sagen, neben den alltäglichen Kleinigkeiten, versuche ich bei den größten Klimasünden (Ernährung und Transport) anzusetzen, auch wenn ich mit meiner Kleidung und meinen wöchentlichen Paketen sicherlich einen noch größeren Beitrag leisten könnte. Es mag nach außen hin wie nur kleine Schritte wirken, doch wenn ich zurückdenke, wie viel bei mir innerhalb eines Jahres passiert ist, bin ich immerhin stolz auf diese Maßnahmen, auch wenn ich weiss, dass es noch ein weiter Weg ist und ich noch lange nicht alles richtig mache. Doch Schritte in die richtige Richtung führen eben auch zu einem permanenten Fortschritt. Trotzdem bekomme ich nach wie vor regelmäßig Nachrichten von Followern, die einfach permanent etwas auszusetzen haben.

Fridays for Future Demonstration am 20.09.2019 | Klimawandel | Streik | Plakate | Berlin | Klimaschutzpaket | Pariser Klimaabkommen | Politik
Fridays for Future Demonstration am 20.09.2019 | Klimawandel | Streik | Plakate | Berlin | Klimaschutzpaket | Pariser Klimaabkommen | Politik

Dabei ist genau das der falsche Weg, denn mit dem Finger auf Andere zu zeigen führt nicht zur Lösung, sondern spaltet die Gesellschaft.

Es führt zu einer Art Verdrossenheit dem Klimaschutzthema gegenüber, bei der sich Menschen denken, dass sie eh nichts richtig machen können – und es deshalb ganz lassen. Genau das ist der falsche Weg. Es ist natürlich einfach gesagt, dass man nachhaltig leben muss, aber in der konsequenten Umsetzung ist es nunmal oftmals kompliziert radikal alles umzustellen, weswegen Schritt für Schritt in die richtige Richtung meiner Meinung nach auch als Fortschritt gewertet werden darf.

Doch für eine wirklich breite Veränderung braucht es systematische und strukturelle Leitplanken in unserer Gesellschaft, die nur durch politische Entscheidungen und Gesetze möglich sind, die uns als Verbraucher oder Unternehmen keine andere Wahl mehr lassen. Von allein werden die meisten Menschen vermutlich nicht auf Massentierhaltung verzichten, vermeidbare Fahrten mit dem PKW machen, ihren Müll reduzieren und oder weniger fliegen.

Jeder sollte sich also fragen: Was kann er für mehr Klimaschutz machen?

Es heißt mit einem Zertifikatehandel werden Anreize geschaffen, doch mit 10 EUR pro Tonne, sind das im besten Fall kleine Impulse, aber eben keine echten Anreize.
Es heisst Klimaschutz muss sozialverträglich sein, aber ich denke der Weg in die stabile Zukunft muss uns aus unserer Komfortzone herauskatapultieren.

Wir müssen der Wahrheit ins Auge blicken: Natürlich müssen wir uns von dem Überfluss und der Dauerverfügbarkeit verabschieden und stattdessen bewusster leben, bewusster kaufen und bewusster entscheiden. Der notwendige Wandel, wird uns alle einschränken und wehtun, aber es führt kein Weg mehr daran vorbei. Wir müssen verstehen, dass die Klimakrise eine Resultat unseres Lebensstils ist. Die Gegenmaßnahmen sind schmerzhaft, doch sie sind auch notwendig, denn wenn wir unseren Lifestyle so weiterleben, wird es uns unweigerlich schaden. Was wir jetzt brauchen sind Maßnahmen, die echte Lösungen enthalten und nicht nur homöopathische Mittel. Und wir brauchen diese Maßnahmen jetzt, sonst ist es bald sehr wahrscheinlich zu spät.

Fridays for Future Demonstration am 20.09.2019 | Klimawandel | Streik | Plakate | Berlin | Klimaschutzpaket | Pariser Klimaabkommen | Politik

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10 Kommentare

    1. Hi Joy,
      das mit dem Fliegen habe ich bereits radikal reduziert, aber natürlich lässt sich das nicht ganz vermeiden :)
      Aber guter Punkt – ich wollte mich eh an meine Neujahrsvorsätze bald setzen!

  1. Liebe Masha

    Grundsätzlich einen tollen Beitrag, auch wenn aus meiner Sicht etwas einseitig.

    «…stattdessen müssen Unternehmen durch den Handel mit Zertifikaten in Zukunft grade mal lächerliche 10 EUR pro Tonne (!) zahlen.»
    Welche Zertifikate sind hier gemeint?
    Da ich im Stromhandel tätig bin und alle Commodities täglich genauestens verfolge, interessiert mir die Thematik sehr und welche Zertifikate hier gemeint sind.

    1. “Für die bewilligte Menge an Treibhausgasemissionen benötigen die Unternehmen Berechtigungen, sogenannte Emissionszertifikate. Ein Zertifikat gibt dem Inhaber das Recht zur Emission von einer Tonne Kohlendioxid (CO2) beziehungsweise CO2-Äquivalent. Mit diesen Berechtigungen können Unternehmen handeln. In den ersten beiden Perioden legten nationale Zuteilungspläne, sogenannte Allokationspläne, sowohl die Gesamtmenge der Zertifikate als auch deren Verteilung fest.”
      Mehr Infos findest du auf der Seite des Bundesministeriums für Umwelt:
      https://www.bmu.de/themen/klima-energie/emissionshandel/emissionshandel-was-ist-das/

  2. Liebe Masha,

    Ich folge dir schon seit du mit dem Bloggen angefangen hast, damals noch, weil ich deinen Stil einfach toll und inspirierend fand (auch Ich durfte noch Kind und Teenager sein). Mittlerweile hast du dich so sehr weiter entwickelt und ich liebe es wie kritisch und gleichzeitig emphatisch du über politische, moralische und ethische Themen berichtest. Bitte mach weiter so und höre nicht auf diese unnötigen Whataboutism Kommentare. Wenn man den ersten Schritt getan hat, so wie du, und wirklich über die Auswirkungen des eigenen Handelns nachdenkt und diese Schritt für Schritt verändert ist das unglaublich viel wert. Bitte sei weiter ein Rolemodel, nutze deine Reichweite und verliere weder deinen Biss und deine Neugier noch deinen immer noch einzigartigen und tollen Stil. Du und dein Blog seid eine perfekte Kombi aus beiden Welten.

    Alles Liebe

    1. Danke SO sehr für deine lieben Worte! Es ist wirklich ein verrücktes Gefühl zu wissen, dass du mir schon so lange folgst (aber nur im guten Sinne). Ja, irgendwie wird man einfach erwachsen, beschäftigt sich mit neuen Themen und revidiert auch mal seine Meinung und das ist auch ok :)
      Ich glaube wichtig ist der allgemeine Fortschritt, erst bei sich selbst, dann hoffentlich auch mal in der gesamten Gesellschaft. Und danke, dass du mich als Rolemodel siehst – das bedeutet mir echt viel!