
In manchen Dingen bin ich sehr perfektionistisch, in anderen Dingen wieder weniger, doch wenn es um Locations geht werde ich zum absoluten Nerd. Ich bin unheimlich penibel mit den Orten, an denen ich shoote und sie müssen nicht nur cool aussehen, sondern irgendwie besonders sein und zum Outfit passen. Mit den Jahren habe ich ein sehr gutes Auge dafür entwickelt, welche Locations „funktionieren“ und welche nicht, denn nicht jeder Ort, der im #reallife gut aussieht, tut es auch auf Bildern und andersherum. Manche Orte wirken unscheinbar, aber funktionieren perfekt als Locations. Ich werde oft gefragt, wie ich denn immer die vielen Locations finde und was macht beachten muss, wenn man Fotos schießen möchte, deswegen habe ich heute einige Tipps zum Finden (und Fotografieren) der perfekten Location zusammengestellt.
1.Der richtige Ausschnitt Fangen wir gleich mit dem wichtigsten Tipp an, denn wann genau funktioniert eine Location? Ich brauche keine Sekunde um einen Ort für mich als tauglich bzw. untauglich zu definieren. Ihr müsst dazu quasi euren Blick verkleinern, indem ihr euch bewusst macht, dass eine Kamera auf einem Bild nicht alles einfangen kann, was ihr mit dem Auge seht. Sieht zum Beispiel ein Gebäude ab dem zweiten Stock gut aus, aber Erdgeschoss und 1.OG sehen nicht so spektakulär aus, könnt ihr die Location (meistens) vergessen. Die Location muss in erster Linie an den Stellen gut aussehen, die direkt hinter euch sind auf Körperhöhe, sprich alles, was obendrüber passiert interessiert euch nicht, denn es ist eh nicht drauf. Versucht also Locations danach zu bewerten, wie sie in den ersten 5 Metern aussieht. Hat sie zB. eine schöne Treppe oder eine schöne Tür? Hat das Gebäude vielleicht eine schöne Struktur? In meinen Bildern seht ihr nur selten ein Dach o.ä., weil es schlichtweg nicht mehr ins Bild passt. Scannt also eure Locations in erster Linie auf Augenhöhe.
2.Der richtige Winkel Wenn ihr erstmal eine Location gefunden habt, die prinzipiell funktionieren könnte, müsst ihr nur noch den richtigen Blickwinkel finden, denn oft sieht eine Location nur aus einigen wenigen Blickwinkeln wirklich gut aus. Ich persönlich mag gerne eine schöne Flucht, die dem Bild eine gewisse Tiefe gibt. Außerdem kann man natürlich in diesem Fall schön mit Bokeh (Hintergrundunschärfe) spielen. Nicht selten entscheidet der Blickwinkel darüber, ob eine Location einfach nur gut oder atemberaubend ist und dieser Grad kann im Millimeterbereich liegen. Wer schon mal mit mir zusammengearbeitet hat, der kennt meinen Perfektionismus in Sachen Locationwahl und Blickwinkel und der nimmt es meist völlig gelassen, dass ich die Kamera an mich nehme, einmal gefühlt wahllos um die Location umherirre und dann sage „genau von hier“.


3.Die Liebe zum Detail Ich schaue sehr stark nach einzelnen Details an einer Location, die sie besonders machen. Das können zB. coole Rollläden sein, ein hübsches Logo oder ein filigraner Zaun. Diese Details machen eine schöne Location erst wirklich besonders und eignen sich prima für nähere Shots wie zB. Portraits.
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4.Der vernachlässigte Boden Wir kennen es aus Instagram, denn schöne Bodenfliesen sind das absolute #instagoal, doch Fakt ist, dass der Boden tatsächlich oft vernachlässigt wird, dabei ist er der Feinschliff, der das Bild abrundet. Perfekt sind: schöne Fliesen, Kopfsteinpflaster oder dunkler Asphalt mit Verkehrsstreifen. Nicht so schön dagegen sind Betonfliesen oder plattgelaufene Erde. So oder so sollte man auch auf den Boden achten – das i-Tüpfelchen.
5.Licht und Tageszeiten Das ist eher eine fotografische Sache, aber viele Locations haben eine ideale Tageszeit. Ich persönlich mag es ja so gar nicht, wenn die Sonne frontal kommt und harte Schatten wirft, deswegen bevorzuge ich meine Locations komplett im Schatten. Manchmal kann man aber auch die Sonne als Stilmittel nutzen, zB. wenn sie die Location in goldenes Licht taucht oder durch Säulen scheint, was wiederum ein netter Effekt auf Bildern sein kann, sofern man selbst im Schatten oder im Gegenlicht ist. Ich schaue mir deswegen Locations gerne zu unterschiedlichen Zeiten und Wetterbedingungen an.
6.Die Popularität der Location Nichts nervt so sehr wie Menschen in Bildern. Da das Rausretouchieren unheimlich nervig und aufwendig ist (aber nicht unmöglich!) bevorzuge ich ruhigere Locations, die nicht so überlaufen sind, am besten in einer ruhigen Seitenstraße oder auf einer Anhöhe, sodass keine Menschen im Bild sind. Natürlich laufen bei mir dennoch ständig Menschen rein, was so ein Shooting oft unnötig in die Länge zieht, aber grundsätzlich sind es eher ruhigere Orte, an denen ich shoote. Solltet ihr euch aber dennoch unsterblich in eine Location verliebt haben, die ihr unbedingt shooten wollt, die aber ein echter Menschenmagnet ist, hilft nichts außer: richtig richtig früh aufstehen und zum Sonnenaufgang dort sein.
7.Die richtige Position Mir persönlich ist es egal von welcher Seite man mich shootet, ob rechts oder links, ob von oben oder unten. Generell ist es mir aber lieber, wenn man leicht von unten fotografiert, da das nicht nur mich optisch streckt, sondern auch die Location besser wirken kann: man sieht einfach mehr von der Location und weniger vom Boden. Natürlich shoote ich auch mal von ganz oben oder ganz unten, aber mehr als Stilelement und nicht als Regel. Grundsätzlich mag ich es am liebsten, wenn man bei mir aus Hüfthöhe fotografiert. Die Position kann aber auch dienlich sein, um kleine Makel zu verdecken, zB. einen hässlichen Mülleimer oder ein nerviges Schild. Nicht selten stelle ich mich bewusst vor ein unschönes Element, um es mit meinem Körper zu verdecken.


8.Die Ruhe vor Chaos Nicht nur viele Menschen können eine schöne Location versauen, sondern ein chaotisches Drumherum. Grundsätzlich bevorzuge ich ruhigere Locations, wo nicht zu viel drumherum passiert, also andere Häuser, Autos, Schilder, Büsche, u.ä. Selbst eine bunte Plakatwand kann so ruhig aussehen, wenn man nur die einzelnen Plakate in Reih und Glied sieht und keine Autos davor. Merkt euch also diese Faustregel: Je „aufgeräumter“ eine Location aussieht, umso besser wirkt sie auf dem Bild und umso harmonischer ist sie fürs Auge.
9.Ein harmonisches Zusammenspiel Oft wähle ich meine Outfits nach Locations aus und nicht andersherum. Trage ich zB. einen sehr cleanen Look suche ich mir zB. Betonwände und Nicht-Farben. Bei einem gemütlichen Outfit mag ich allerdings gerne sanfte Farben und alte Gebäude unter Denkmalschutz mit Säulen und allem drum und dran. Bei edgy Looks versuche ich stets auch ausgefallene Locations zu finden und schrecke dabei auch nicht vor Spielplätzen zurück. Am Ende kann eine Location das Outfit noch mal betonen und ihm den letzten Schliff geben und in eine bestimmte Richtung lenken. Dann sieht das cleane Outfit noch cleaner aus und das gemütliche Outfit eben noch gemütlicher.
10.Übung macht den Meister Am Ende heisst es wie immer: üben, üben, üben! Ich fahre beispielsweise häufig durch die Gegend und scanne einfach mal meine Umgebung. Wenn ich eine geeignete Location gefunden habe, schieße ich sofort ein Bild um zu schauen, ob die Location auch auf dem Bild funktioniert. In der Branche heisst das Ganze dann „Location Scouting“ und ist sogar ein richtiger Beruf. Ansonsten schaue ich auch gerne mal bei Pinterest nach und fahre manchmal auch die Stellen ab, die ich woanders gesehen habe. Wenn ihr das häufiger mal macht, sammelt ihr nicht nur ein ansehnliches Repertoire an Locations, sondern lernt auch gleich eure Umgebung besser kennen :)