Sonntagspost: Fashionweak

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Lieblos stopfe ich den Burger in mich rein. Es ist ein wirklich guter Burger, aber ich schmecke ihn vor lauter Frust und Eile kaum. Essen als Notwendigkeit und nicht als Genuß. Seit ich angepisst aus dem „Fast-Food“ Laden abgedüst bin, nachdem ich im leeren Laden 15 Minuten auf seine Zubereitung warten musste, versuche ich bereits verzweifelt ein Taxi zu bekommen – mitten in Mitte, mitten an einer großen Kreuzung. „Leider konnte kein Taxi für sie ermittelt werden. Bitte versuchen sie es zu einem späteren Zeitpunkt erneut.“ Bla bla. Irgendwann gebe ich einfach frustriert auf, setze mich auf die Strasse und stehe kurz vorm Aufgeben. In 10 Minuten fängt die Show an und ich bin am anderen Ende der Stadt. Die einzige und letzte Show zu der ich unbedingt hin wollte. Und nun sitze ich hier, auf dieser staubigen Strasse und frage mich, was ich hier eigentlich mache, bin sauer auf mich selbst, frustriert über meine eigenen Fehlentscheidungen und dann ist da noch dieses hinterlistige Gefühl etwas Großes zu verpassen.   Während der Fashion Week muss ich jedes Mal aufs Neue vier Dinge erkennen: 1. Man kann nicht überall sein. Erst recht nicht überall gleichzeitig. 2. Zeit mit Freunden zu verbringen fühlt sich immer wertvoller an als wieder auf die nächste verspätete Show zu warten 3. die besten Events sind off-site 4. Essen kannste vergessen   Doch wie das so ist mit bereits Erlerntem – man vergisst es schnell wieder und tappt in dieselben Fallen in die man schon die letzten Male getappt ist.   –   Wenn ich an die Fashion Week denke, denke ich an all die tollen Menschen, die herkommen um die Mode in Berlin zu feiern. Aber ich denke auch an viel Stress, wenig Essen, noch weniger Schlaf und viel Alkohol. Irgendwo dazwischen lässt man sich von Kleidung berauschen. Für Jemanden, der mit dem Modezirkus nichts zu tun hat, muss die Fashion Week unheimlich glamourös rüberkommen, wie ein einziges Schillern und Glitzern. Und vielleicht ist es genau das, was Glamour eigentlich ausmacht: dass der Begriff Glamour so undefiniert ist und die Dinge nie so sind wie sie vielleicht scheinen. Von außen sieht man die Champagnergläser, die Luxustaschen und Pailettenkleider. Erst auf den zweiten Blick sieht man die überschminkten Augenringe, übergroßen Pupillen und die blutigen Füße. Von außen sieht man die internationalen Moderedakteure und Stars, die ihren Weg extra nach Berlin finden, aber man übersieht die schlecht bezahlten Praktikanten, die Überstunden schieben und die unbezahlten Models und Hilfskräfte, die ihre letzten Kräfte sammeln, alles für den Lebenslauf. Man sieht nicht die Designer, die auf ihren Kollektionen sitzen bleiben, weil eben doch keiner den Pulli, der auf den Blogs gefeiert wurde für 400 EUR kauft und weil die, die noch was an ihrer Mode verdienen lieber ins Ausland gehen. Jeder einzelne Modemensch, egal ob er sich als Journalist für Print (sowas muss dann bitte auch extra betont werden) oder Blogger oder sonst wen betitelt, darf, nein, muss sich (!) für den Nabel der Welt halten. Da steht in der Nahrungskette vielleicht noch Anna Wintour etwas höher, aber das wars dann auch.   Die Fashion Week verdient ihren Namen als Modezirkus, denn genau das ist sie: mehr Schein als Sein, eine Show, bei der nichts ist wie es scheint.   Und trotzdem und mit allen ihren Macken ist es meine Lieblingsvorstellung.

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6 Kommentare

  1. Echt ein toller Post! Das muss schließlich auch mal gesagt sein.

    Ich wollte auch immer schon mal auf die Fashion Week, war aber bisher noch nicht dort. Doch mittlerweile vergeht mir ein bisschen die Lust. Es ist eben, wie du schon sagtest, mehr Schein als Sein und dieser ganze Modezirkus wird mir immer “unsympathischer”.

    http://www.kaluediary.com

  2. Sehr gut, Masha! nundenn, ich persönlich war noch nie auf so einer fashion week, jedoch kann ich mir sehr gut den Stress vorstellen. Um so etwas überhaupt geregelt zu bekommen, müssen hunderte von Menschen zuerst ackern , doch letztendlich lohnt es sich wenn sie über ihr egebnis schauen und dann dürfen sie auch ein wenig stolz sein ;)

    Liebe Grüße!
    http://redchillilounge-spiceupyourlife.blogspot.com/

  3. Genauso isses! Und der Stress fängt lange vor der MBFW an… wenn nämlich das Gerangel um die Jobs losgeht. Da musst Du sogar als Make up Artist zum Casting…. absolut affig manchmal.

  4. Interessanter Post. Ich finde es klasse, dass du nicht nur alles “verschönt” darstellst, sondern die Realität beschreibst wie sie ist.
    Ich denke aber, dass es überall seine Schattenseiten gibt und entweder versucht man die sich wegzudenken und an die schönen Seiten zu denken. Oder man nimmt von dem ganzen Abstand.

  5. Ist eben nicht alles Gold, was glänzt, wie’s so schön heißt ;)
    Aber dafür ist man irgendwie mitten im Leben, mit allen Höhen und Tiefen. Vielleicht stimmt das, was ich jetzt sage nicht, weil ich so ne Situation noch nie erlebt habe, aber ich glaube, ich würd sofort meinen Bürojob mit so einem Job tauschen, egal wie stressig, egal wie fertig – aber dann hat man hin und wieder diese Momente wo man sich denkt: Ja, genau das isses! Das ist der mistigste Job der Welt, aber genau der, den ich machen will…

  6. Guter Post. Parrallelen gibt es in allen Bereichen des Lebens/Arbeitens/Kreativseins (->Literatur- und Buchbranche! Woher ich komme, weshalb mir das am nächsten ist) und naturgemäß gelangen nur die publicity-wirksamen Dinge ins Bewusstsein, wie hier die Fashion Week oder anderswo die Oscar-Verleihung oder der Literatur-Nobelpreis oder oder oder….
    Immer getreu dem Motto: Wer am lautesten brüllt, dem gebührt die Aufmerksamkeit und wer sich selbst waaahnsinnig wichtig findet, ist es – oft – auch in der Wahrnehmung anderer.
    Passend dazu fällt mir auf, dass unmittelbar nach Online-Gehen Deines Postes jmd. entsprechend darauf reagiert hat :-)